Samstag, September 13, 2008

Macht in der Gesellschaft (der Gesellschaft)

Ein Freund fragte mich heute nach Luhmann`s Definition von Macht und ich muss zugeben, ich habe sein (Luhmann`s) kleines Machtbuch noch nicht gelesen. Die Universitätsbibliothek ist weit weg und so greife ich in das hauseigene Bücherregal. Mal sehen, was z.B. die Gesellschaft der Gesellschaft zu diesem Begriff so hergibt:

Bei Macht geht es um die Anschlusshandlungen an vorausgegangene Handlungen, wobei es zentral ist, dass es sich um Handlungen handelt und nicht nur das Erleben einer Kommunikation im Mittelpunkt steht. Somit wird ein aktiver Kommunikationsablauf evoziert, der erst damit abgeschlossen ist, wenn die erkennbaren Handlungen Egos keine reflexiven Beobachtungen der Kommunikation mehr provozieren, die Alter veranlassen weiter an die Kommunikation anzuschließen: (1) Alter will etwas und organisiert diesen Willen in entsprechenden Handlungen inkl. Handlungsanweisungen an Ego --> (2) Ego muss sich mit diesen Handlungsanweisungen auseinander setzen mit Blick darauf, ob er sich zustimmend oder ablehnend verhalten will --> (3) verhält Ego sich zustimmend, wird Alter dies neutral bis wohlwollend registrieren, (4) verhält sich Ego ablehnend wird Alter entscheiden müssen, ob (1') weitere Willensentscheidungen aus der Interpretation der Situation erfolgen sollen, die dann ggf. in Handlungen inkl. Handlungsanweisungen organisiert werden --> (2')...

"Das Bezugsproblem von Macht stellt sich nur in dem Sonderfall, dass das Handeln Alters in einer Entscheidung über das Handeln Egos besteht, deren Befolgung verlangt wird" (S.355) Konkret ausgedrückt: Es geht um Befehle, Weisungen etc. Alters an Ego. Alters kontingente Selektion ist als Prämisse für Egos Handlungen vorausgesetzt. Wird an die Prämisse nicht erwartungsgemäß angeschlossen muss Ego mit Sanktionierungen rechnen. Wobei – wie oben beschrieben - "Die Form der Macht nichts anderes als diese Differenz, die Differenz zwischen der Ausführung der Weisung und der zu vermeidenden Alternative [ist]." (S.356) Macht bezieht ihre Eigen-Macht im Kommunikationsprozess dadurch, dass sie durch überlegene physische Gewalt gedeckt ist. (S.481) Das ist ein wichtiger, nur in Krisensituationen der modernen Gesellschaft (im Blitzlichtgewitter der Medien?!) aufblitzender Punkt. Wobei ich mir gerade denke, dass es bereits früher der Fall gewesen sein könnte, dass sich Macht auch durch psychische Macht (Propaganda, Ideologie, ggf. Religion) etablieren konnte und in der Hochmoderne auch durch Informationssteuerung (Agenda Setting) sich stabilisiert. Müsste man weiterdenken....

Bei all dem ist Macht nichts festes, starres, ontologisches, sondern Macht ist ein Medium in dem sich bestimmte Machtziele und Sanktionsarten als Formen kristalisieren. (S.355 & 356). Diese Formen, gilt es dann in verschiedenen Kontexten zu analysieren. Die Berücksichtigung des Kontextes ist natürlich deshalb relevant, weil ein bestimmter Wille, eine bestimmte Zustimmung oder Ablehnung und eine bestimmte Sanktion bzw. Nicht-Sanktionierung in unterschiedlichen Situationen trotz Gleichartigkeit unterschiedliches ausdrücken kann.

Interessant finde ich noch, dass man mit Macht, ähnlich wie Geld, haushalten muss: "Parsons hatte, in Analogie zum Geld, von der Notwendigkeit gesprochen Macht auszugeben" (S.376) So wird Macht inflationäre dadurch, dass eine nicht haltbare Politik in Aussicht gestellt wird. (S.385)

Freitag, September 12, 2008

Begriffe des Tages

Einge Begriffe, von denen ich mir erhoffe, dass sie mir irgendwann einmal helfen mehr zu beobachten, als sie mir im Moment noch sagen:
  • Phase
  • Vektor(raum)
  • quantentheoretischer Probabilismus
  • Schwingung
  • stabil/elastisch # stabile Elastizität # elastische Stabilität

Ist alles von physikalischer Literatur geprägt zur Zeit. Aber m.E. läuft die Differenz der Wissenschaft nicht zwischen Naturwissenschaften und Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, sondern zwischen reduktionistischen Wissenschaften und an komplexität orientierten Wissenschaften...

Donnerstag, September 11, 2008

"Die kopernikanische Revolution der Unvernunft"

"Aus dem endlosen Meer des Irrationalen, des Nichtentzifferbaren und des Schweigens steigt langsam die abgeschlossene Insel der Vernuft empor."
Michel Serres - Hermes I, Kommunikation

Sonntag, September 07, 2008

Einführung in die Quantentheorie

Ich habe mir heute im Kölner Hbf, auf der Durchreise, das Buch "Quantentheorie: Eine Einführung" von Polkinghorne gekauft. Ich kenne den Autor eigentlich nicht, habe aber gerade auf Wikipedia erfahren, dass er sowohl Physiker als auch Priester der Anglikanischen Kirche ist. Er hat auch Bücher zu der Verbindung ("strukturellen Kopplung" ?!) von Naturwissenschaften und Theologie geschrieben. Mich fasziniert das natürlich, weil ich der Ansicht bin, dass wir einen universalen Gedanken nicht ausblenden sollten, ohne dabei das Universale, als reduktionistische Weltformel zu denken. Stattdessen vermute ich, geht es in Richtung einer überkomplexen und vermutlich, nur äußerst paradox zu denkenden Einheit. Einheit auch nicht im Sinne eines einzigen Objekts, sondern eher im Sinne einer Einheit multipler Ressonanzen. Aber bevor ich Laie hier hier auf die schiefe theologische Bahn gerate, werde ich mich erst einmal wieder den einführenden Erklärungen in die Quantenphysik zuwenden.... schwierig genug...


Übrigens: In der ZEIT diese Woche ein Artikel über Peter Higgs, den Erfinder (und vielleicht bald Entdecker...) des Higgs-Teilchens und in der FAS von heute, ein Artikel über Teilchenbeschleuniger. Interessant, denn schließlich wird am kommenden Mittwoch der LHC am CERN in Betrieb genommen.

Freitag, September 05, 2008

My Bonnie is over the ocean...

"Das Medium [...] ist die fungierende Präsenz des Nicht-Präsenten [...]"

Peter Fuchs, Der Mensch - Das Medium der Gesellschaft? (S.25)


Mittwoch, September 03, 2008

Emergenz = Kannibalismus ?!

In der FAZ von heute, schreibt Hermann-Michael Hahn über "Wachsende Ordnung im expandierenden Kosmos". Der Artikel trägt die Überschrift "Junge Galaxien wachsen durch Kannibalismus". Was er dort als "wachsende Ordnung" erklärt ist die Entstehung emergenter Galaxien durch die Verschmelzung von einzelnen kleineren Sternenansammlungen.

Der Gedanke, dass es sich bei der Entstehung höherer Ordnung um Kannibalismus handeln könnte, ist vielleicht ganz brauchbar. Ernähren sich Kollektive von Individuen? Sind deshalb in der Systemtheorie keine Menschen mehr vorhanden [wenn wir mal von Peter Fuchs' klugem Gedanken, dass Menschen das Mendium der Gesellschaft sein könnten, absehen], weil die moderne Gesellschaft sie gefressen hat?!?

Dienstag, September 02, 2008

Letztens im Systemtheoriekreis:

Gerrit: "Ich lebe in der besten aller möglichen Welten!" (Leibniz)

Jonny: "Ich lebe in der schlechtesten aller möglichen Welten!" (Schopenhauer)

Daniel: "Ich lebe in der schlechtesten und besten aller möglichen Welten zugleich!" (Luhmann)

Marc-Bernhard: "Ich lebe in ganz vielen Welten!" (Postmoderne)

Montag, September 01, 2008

Gemeinschaft der Essenden

"Ich glaube nun, dass dieses Gefühl der Gemeinsamkeit, der Zusammengehörigkeit, in hohem Maße durch Essen gefördert wird - gemeinsam Essen schafft eine Essensgemeinschaft, aber eben auch eine Gemeinschaft im weiteren Sinne. Ich glaube ferner, dass Gemeinschaften, die Stämme im eigentlichen Sinne bilden, auch eine gemeinsame Küche ausformen, in der sich eben die Werte spiegeln, die für diesen Stamm charakteristisch sind, die ihn gegen andere abheben. Wir finden hier auch charakteristische Rituale, feststehende, gleich bleibende Abläufe und spezifische 'kulinarische Ikonen'."

Michal Polster - Eine kleine Philosophie der Kaffeepause. In: Platt, Thomas (2004): Genussbarometer Deutschland, Berlin

Dieses Zitat erinnert mich ein bißchen an ein Glaubensbekenntnis. Statt "Stämme" würde doch "Kirche" hier auch sehr gut klingen. Und ist nicht die "Völlerei" auch schon im Christentum als religiöser Verweis - wenn auch negativ konnotiert - mit an Bord?! Vielleicht gibt es eine Religion des Kulinarischen, in einem Zeitalter ausgebreiteten Hedonismus m.E. nach nicht unbedingt abwegig. Statt "Amen" am Ende, heißt es aber dann wohl "Guten Appetit" am Anfang....